Akustische Täuschungen sind Wahrnehmungen von Schall, die keinen physikalischen Ursprung haben. Diese psychoakustischen Phänomene entstehen größtenteils im Kopf. Dabei können akustische Täuschungen und Audio Illusionen helfen, die Klangverarbeitung im Gehirn zu erforschen.
Akustische Täuschungen ― warum hören wir nicht „physikalisch“ ?
Warum die Wahrnehmung des Menschen von Schall von den tatsächlichen physikalischen Reizen abweicht, ist eine der Kernfragen der Psychoakustik. Ein Modell zur Erklärung der menschlichen Wahrnehmung von Schall ist die „Auditory Scene Analysis“ von Albert Bregman. Wenn man in einem lauten Restaurant sitzt und man sich mit der Begleitung unterhalten möchte, dann trifft ein akustischer Reiz auf das linke und ein Reiz auf das rechte Ohr. Die Reize sind aus verschiedensten Geräuschquellen zusammengesetzt. Diese müssen nach Bregman erst einmal von unserem Hirn sortiert werden. Er spricht von Integration für das Zusammenführen von zusammenhängenden Signalen und Segregation für das Abtrennen von nicht zusammengehörenden Signalen.
Ein Beispiel dafür ist der Cocktailparty-Effekt. Dieser beschreibt, dass der Mensch bei Anwesenheit von verschiedenen Schallquellen es schafft sich auf eine Quelle zu konzentrieren. Das kann zum Beispiel die Begleitung sein. Hierfür müssen aus den zwei akustischen Reizen (linkes/rechtes Ohr) erst einmal die verschiedenen ursprünglichen Quellen gefunden werden.
Dies kann
- sequenziell (zeitliche Kriterien) oder
- simultan (Tonhöhe)
geschehen und ist entweder
- bei allen ähnlich (Sortierung durch grundlegende Eigenschaften im Schallereignisses) oder
- stark verschieden (Sortierung durch erlernte Muster)
Wenn bei der Sortierung im Hirn etwas schiefläuft und beispielsweise Signale, die ursprünglich nicht zusammengehörten, nun als zusammenhängend erkannt werden, dann entstehen akustische Täuschungen.
Audio Illusion ― Scale Illusion
Ein Beispiel für das Integrieren von Signalen, die ursprünglich nicht zusammengehörten, ist die Scale Illusion. Die Musikpsychologin Diana Deutsch hat diese im Jahr 1973 entdeckt. Hierbei werden erst zwei Melodien einzeln, dann gleichzeitig abgespielt. Obwohl die eine Melodie nur auf dem linken Ohr ist und die andere auf dem rechten, verbinden sich beide zu einer Neuen. Am besten verwenden Sie Kopfhörer:
- Bei Tonhöhen gilt das Gesetz der Nähe
- Tonhöhen, die nahe aneinander liegen, werden zusammengeführt
- Obwohl die Töne aus zwei verschiedenen Quellen kommen, werden diese im Gehirn miteinander verknüpft
- Zusätzlich ist der starke links/rechts Eindruck der Melodie vermindert
Akustische Täuschung ― Phantom Wörter
Die Phantom-Wörter sind nicht nur eine akustische Täuschung, sondern eine intermodale Täuschung, weil mehrere Sinne bei dieser Täuschung miteinander arbeiten. In dem Beispiel werden zwei Sounds abgespielt, in die man die verschiedensten Wörter reininterpretieren kann.
Da das Sprachverständnis sehr stark kontextabhängig ist und dies hier nicht gegeben ist, kann ein Zuhörender keine eindeutigen Wörter ausmachen. Im Gegenteil werden optisch verschiedene Wörter präsentiert, die anschließend auch häufig verstanden werden. Es findet eine Verschaltung im Gehirn zwischen Seh- und Hörsinn statt. Aus einem ähnlichen Grund versteht man sein Gegenüber besser, wenn man die Lippenbewegungen beobachten kann.
Akustische Täuschungen ― Shepard Tone
Die akustische Täuschung der Shepard Töne erscheint wie ein unendlich steigender oder unendlich fallender Ton. Diesen Effekt hat der Psychologe Roger Shepard im Jahr 1964 entdeckt. Diese Effekte können entweder als Tonleiter, oder wie hier als gleitender Ton (Glissando) umgesetzt werden:
- Shepard Töne sind aus vielen Tönen zusammengesetzt
- Alle Töne fallen gleichzeitig
- Die tiefen Töne werden beim Fallen immer leiser
- Die hohen Töne werden beim Fallen immer lauter
- Welche Amplitude (Lautstärke) bei welcher Frequenz ist, wird durch eine Glockenkurve bestimmt (siehe Abbildung)
Die Psychoakustik ist Teil der Systematischen Musikwissenschaft. Wenn Sie mehr über das Studium dieser erfahren wollen, dann schauen Sie auf den „Musik studieren – Systematische Musikwissenschaft“ Beitrag oder auf unsere Homepage zu aktuellen Themen der Systematischen Musikwissenschaft.