Der Klavieraufbau bleibt in seinen groben Eigenschaften und Einzelteilen auch zwischen verschiedenen Herstellern gleich. Doch der Klavier- und Flügelaufbau beinhaltet ein Stück Philosophie eines jeden Klavierherstellers. Wie das aussieht und was sich in Zukunft trotz einer langen Tradition am Klavierbau noch ändern könnte, erfahren Sie hier.
Klavier-Aufbau — Die Geschichte
Den Start der Geschichte des Klaviers kann man an verschiedenen Zeitpunkten ansetzten. Ob bereits das Monochord im 6. Jahrhundert v. Chr. oder doch eher das Clavichord im 14. Jahrhundert als Urvater gilt, ist umstritten. Erster Entwickler des Hammer-Klaviers war 1700 Bartolomeo Christofori. Es ist als Christofori-Piano bekannt. Die Saiten wurden mit Hämmern angeschlagen, wie beim heutigen Klavier-Aufbau.
Die Änderung der Mechanik vom zupfenden Cembalo oder dem mit Tangenten angeschlagenen Clavichord zu Hämmern muss für die Zeit als revolutionär angesehen werden, da alle vorherigen Spielmechaniken nur einen stark begrenzten Dynamikumfang vorwiesen. Das neu entwickelte Musikinstrument nannte sich „Il Pianoforte“, was direkt aus dem italienischen so viel bedeutet, wie „Das Leiselaut“. Dies liegt daran, dass es mit einem Tasteninstrument nun zum ersten Mal möglich war, sowohl sehr leise, als auch sehr laut zu spielen.
Das Christofori-Piano besaß beinahe alle Bestandteile eines heutigen Klaviers oder Flügels. Die einzelnen Bestandteile wurden jedoch über die nächsten zwei Jahrhunderte noch weiter entwickelt und verfeinert. Hierbei haben namhafte Erfinder und Hersteller, wie Gottfried Silbermann, Sébastien Érard, sowie Heinrich Steinweg und sein Sohn Henry Steinway mitgewirkt, um das Klavier zu dem zu machen, was es heute ist. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts haben sich Klavier und Flügel kaum noch verändert. Dabei wuchs beispielsweise der Tonumfang (Ambitus) des Instrumentes von circa 4 Oktaven (49 Tasten) auf die heutigen 7 1/3 Oktaven (88 Tasten).
Klavier-Aufbau — Die Bestandteile
Ein Klavier ist aus unzähligen Einzelteilen aufgebaut. Die wichtigsten Bestandteile, die sich daraus zusammensetzen, sind:
- Rahmen & Korpus
- Spielwerk
- Resonanzboden
- Gusseisenplatte
Der Korpus
Der Rahmen und der Korpus bilden die Hülle eines Klaviers oder Flügels. Aus akustischer Sicht sind sie eher zweitrangig für den Klang des Instrumentes (Giordano, 2010), bestehen aber fast immer aus einem Hartholz mit hoher Dichte. Durch die Verwendung von Hartholz soll mehr Schallenergie im Inneren des Klangkörpers bleiben und auf den Resonanzboden übergehen. An bestimmten Stellen ist der Korpus unterbrochen. Hier soll der Schall gebündelt austreten können. Bei einem Flügel oder Klavier ist das typischerweise der geöffnete Deckel. Beim Klavier kommt noch hinzu, dass die Rückseite häufig nur mit einem dünnen Stoff bespannt ist.
Das Spielwerk
Das Spielwerk setzt sich zusammen aus Klaviatur, Mechanik und Dämpfung. Beim Anspielen wird die Bewegung des Klavierspielers direkt von der Klaviatur an die Mechanik weitergegeben. Die Mechanik bringt über verschiedenste Hebelübersetzungen einen Hammer zum Schlagen gegen die Saiten. Zusätzlich ist die Klaviatur, über die Mechanik, mit der Dämpfung verbunden. Der Dämpfer geht beim Betätigen der Klaviatur von den Saiten weg und lässt sie frei schwingen. Wenn man die Taste loslässt, dann senkt sich der Dämpfer wieder auf die Saite und der Ton verstummt.
Der Resonanzboden
Der Resonanzboden dient vorwiegend zur akustischen Verstärkung eines Klaviers. Da eine Saite, wenn man sie anschlägt, sehr leise klingt, wird die mechanische Schwingung der Saite über einen Steg auf den Resonanzboden übertragen. Der Resonanzboden hat viel mehr Fläche als eine Saite, um mit dieser dann die Luft in Schwingung zu versetzen. Der Resonanzboden ist einer der maßgeblichen Faktoren für den Klang des Klaviers.
Die Gusseisenplatte
Die Gusseisenplatte ist der Kraftklotz unter den Klavier-Einzelteilen. Sie sorgt für Stabilität in den Klavieren und Flügeln und hält die gesamte Zugkraft der Saiten aus. Bei einer durchschnittlichen Zugkraft von 600 Newton pro Saite und 230 Saiten in einem Klavier (Giordano, 2010) entsteht dabei eine Kraft von 138 000 Newton oder einem Gewicht von circa 14 Tonnen.
Bei dem Christofori-Piano gab es noch keine Gusseisenplatte. Erst als sich über die Jahrhunderte die Spannung der Saiten durch die Entwickler immer weiter erhöht haben und auch noch mehr Saiten hinzukamen, kam die Gusseisenplatte hinzu. Die Erfinder mussten etwas Stabileres, als den Holzrahmen verwenden, um die Saiten auf Spannung zu halten, da der Holzrahmen diesen Kräften nicht standgehalten hätte. Obwohl sich viele Instrumentenbauer auf Tradition berufen, forschen Klavier-Bauer stets an Optimierungen, wie in unserer Forschungs-Kooperation mit Steinway & Sons, in der wir mit Hochleitungsrechnern vorhersagen, wie bauliche Änderungen den Klavierklang beeinflussen würden.
Wenn Sie mehr zu Musikinstrumenten herausfinden wollen, dann schauen Sie sich unseren Artikel zu ethnologischen Musikinstrumenten mit I an. Wenn Sie noch mehr zur Systematischen Musikwissenschaft erfahren wollen, dann schauen Sie sich den Artikel zu Musik studieren – Systematische Musikwissenschaft an, besuchen die Sammlung historischer Tasteninstrumente unseres Ehrenprofessors Andreas Beurmann, oder die Sonder-Ausstellung Musik und KI — beide im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg.
Quellen zum Klavier-Aufbau:
- Giordano Sr., N. J.: Physics of the Piano. New York: Oxford University Press 2010
- Andreas Beurmann: Das Buch vom Klavier. Die Sammlung Beurmann im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg und auf Gut Hasselburg in Ostholstein, Olms 2007
- Anders Askenfelt: Five Lectures on the Acoustics of the Piano, Stockholm 1990