Ein Homestudio einrichten war vor wenigen Jahrzehnten noch unvorstellbar. Heute ist das Tonstudio bereits für viele Musiker’innen im eigenen Haus. Statt in ein teures Studio zu fahren, nehmen Amateurmusiker’innen aber auch Weltstars wie Billie Eilish heute die Hits von morgen in ihrem Schlafzimmer auf. Doch was brauchen Sie, um zu Hause erfolgreich ein Homestudio einzurichten? Wir verraten es Ihnen hier.

Geschichte des Homestudios

Das Homestudio, wie wir es heute kennen, begann in den frühen 2000er Jahren. Zu dieser Zeit hatten immer mehr Menschen eigene Computer zu Hause, die mit jedem Jahr leistungsfähiger wurden. Damit waren sie in der Lage DAWs (Digital Audio Workstations) zu benutzen. DAWs waren zu diesem Zeitpunkt nichts Neues. Bereits ab Anfang der 1980er Jahre wurden zuerst Midi-Sequenzer (1983) und dann 1989 das erste „digitale Tonbandgerät“ entwickelt. „Sound Tools“ von Digidesign konnte bereits nicht-destruktiv editieren. Diese Innovation erlaubte es, Audiomaterial zu schneiden und wieder zusammenzufügen, ohne ein Tonband physisch zu durchtrennen. Auch Funktionen wie Rückgängig machen waren so möglich. Diese Aufnahme konnte zudem direkt auf dem Computer erfolgen. Die Weiterentwicklung „Pro Tools“ ist auch heute noch eine verbreitete DAW.

Cubase VST war der nächste große Schritt für die DAW:

  1. Sie konnte 32 Spuren Audio aufnehmen
  2. Ein Mixer-Fenster orientierte sich an dem klassischen Aufbau eines Mischpultes
  3. Eine Möglichkeit um MIDI zu editieren und eine Notation waren eingebaut
  4. Die Entwicklung von Plugins erlaubten die vollständige Nachstellung eines klassischen Tonstudios

Durch diese Innovationen war es fort an möglich, auf immer kleineren und leistungsfähigeren Computern ganze Studioproduktionen durchzuführen. Und auch heute ist die DAW das Herz eines (Home-)Studios.

Digital Audio Workstation — das Herz Ihres Homestudios

Wichtigster Teil Ihres Homestudios ist Ihre DAW. Mit der DAW können Sie an Ihrem Computer Audiosignale aufnehmen, Software-Instrumente benutzen und diese anschließend zusammenmischen. Für DAWs gibt es sehr viele Verschiedene zur Auswahl. Wichtig bei der Auswahl ist neben Preis natürlich auch die Spezialisierung der DAW. 

Klassische DAWs

Klassische DAWs bezeichnet alle DAWs, welche vom Signalfluss und Interface einem analogen Tonstudio mit Mischpult am nächsten kommen. Hierzu gehören:

  1. Pro Tools
  2. Logic Pro X
  3. Cubase
  4. Nuendo
  5. Reaper
  6. Studio One

Diese DAWs sind oft in Tonstudios zu finden, die große Multitrack-Recordings bewältigen. Oft fangen hier Produktionen mit Aufnahmen einer Band an und gehen dann in die Produktion mit MIDI-Pattern über. Denn die oben genannten DAWs sind auch alle in der Lage MIDI zu verarbeiten, Beats zu bauen und andere Dinge zu tun, jedoch kann das mit Produktions-DAWs einfacher sein. 

Eine DAW (Protools) mit einer Produktion, die durch ein Multitrack Recording gestartet wurde. Dies ist die Edit Ansicht.

ProTools als Beispiel des Aufbaus einer typischen „klassichen DAW“. Diese Ansicht zeigt das Edit Fenster. Screenshot: Justin T. Niestroj

Eine DAW (Protools) mit einer Produktion, die durch ein Multitrack Recording gestartet wurde. Dies ist die Mix Ansicht.

ProTools als Beispiel des Aufbaus einer typischen „klassichen DAW“. Diese Ansicht zeigt das Mix-Fenster. Screenshot: Justin T. Niestroj

 

 

 

 

 

Produktions-DAWs

Einen anderen Ansatz fahren die Hersteller von Produktions-DAWs. Diese können auch Aufnehmen und Audio verarbeiten, jedoch ist das Programm mehr auf Patterns, MIDI-Verarbeitung und Effekte ausgelegt. Hierzu gehören z. B.

  1. Ableton Live
  2. FL Studio
  3. Bitwig Studio

Diese DAWs können auch Audio aufnehmen, verarbeiten und große Multitrack-Recordings machen, jedoch sind sie für das reine Recording nicht intuitiv. Aus dem Grund sind hier oft elektronische Produktionen zu Hause, die Pattern-basierend Beats bauen, wie z. B. Hiphop oder Acid-Techno. Mit jeder DAW können Sie Hits produzieren und sich voll und ganz austoben. Die Programme unterscheiden sich vor allem im Workflow.

Innerhalb Ihrer DAW haben Sie die Möglichkeit, sogenannte Plugins zu benutzen. Plugins sind Zusatzprogramme, mit denen Sie bestimmte Effekte, wie Equalizer, Kompressor oder Hall in Ihrer DAW benutzen können. Die meisten DAWs haben aber eigene Plugins, die schon beim Kauf inklusive sind, sodass Sie gleich loslegen können.

Eine DAW (Ableton Live) mit einer Produktion, die aus Pattern besteht.

Ableton Live als Beispiel des Aufbaus einer typischen „Produktions DAW“. Screenshot: Justin T. Niestroj

Audio Interface — Ihre Analog/Digital Schnittstelle

Der nächste Baustein in Ihrem Homestudio ist ein Audio Interface. Diese kommen in allen Formen und Farben, tun in der Essenz aber alle das gleiche: Ihre analogen Signale (z. B. von einem Mikrofon oder einer E-Gitarre) in digitale Signale wandeln. Dazu haben Interfaces einen sogenannten A/D und D/A Wandler (Analog/Digital, Digital/Analog). Interfaces fungieren als Audioein- und Ausgabegerät für Ihre DAW. Was für ein Interface Sie brauchen, hängt maßgeblich von Ihrer Anwendung ab. Das bedeutet, wenn Sie vier Signale gleichzeitig aufnehmen wollen, benötigen Sie ein Interface mit vier Inputs. Für den Anfang reicht ein Zweikanal-Interface. Hier gibt es viel Auswahl von verschiedenen Herstellern für unter 200 Euro. Achten Sie beim Kauf aber auf folgende Kriterien:

  • Anzahl und Art der Eingangsbuchse (XLR/Klinke/Line in oder Kombi Buchse)
  • Anzahl der Audioausgänge (wie viele Lautsprecher möchten Sie benutzen?)
  • USB-Bus-Power oder mit Stromversorgung mit Kabel
  • Qualität und Rauschabstand der Pre-Amps
Ein Audio-Interface fürs Homestudio.

Ein typisches Einsteiger-Audio-Interface. Quelle: Pixabay.

Abhören im Homestudio — Studio Monitore (Lautsprecher) oder Kopfhörer?

Als Nächstes entscheiden Sie, wie Sie Ihr Audiomaterial abhören. Hier bieten sich kleine Studiomonitore (Lautsprecher, die für das Mischen gemacht sind) auch schon am Anfang an. Diese haben eine andere Wahrnehmung und Wiedergabe als Kopfhörer. Auch hier gibt es Modelle für Einsteiger’innen für 200 Euro oder weniger. Zudem ist es auf lange Sicht angenehmer für die Ohren. Unser Artikel unterstützt Sie dabei, Lautsprecher richtig aufzustellen.

Aber auch ein paar Kopfhörer sollte nicht fehlen:

  • Kopfhörer brauchen Sie, um beim Aufnehmen den Backing Track oder das Metronom-Klicken zu hören
  • Zudem eignen sich Kopfhörer gut zum Mischen und Gegenchecken, da viel Musik auf Kopfhören gehört wird
  • Sie können damit arbeiten, ohne andere zu stören

Aufnehmen im Homestudio — Brauchen Sie ein Mikrofon?

Welches Mikrofon Sie benötigen, ist davon abhängig, was Sie in Ihrem Tonstudio vorhaben. Wenn Sie nur Beats bauen wollen, ist ein Mikrofon zwar hilfreich, aber nicht zwingend notwendig. Für Gesangsaufnehmen brauchen Sie ein Mikrofon. Oft bieten Hersteller Bundles mit einem Interface an, um Einsteiger’innen ein kostengünstiges Angebot zu machen. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Stimme aufzunehmen, Instrumente in Stereo aufzunehmen, und Stereo-Recording-Techniken zu vergleichen.

Sonstiges für Ihr Homestudio

Es fallen beim Einrichten Ihres Tonstudios zudem immer noch viele Kleinigkeiten an:

  • Kabel für Mikros, Studiomonitore, Kopfhörer
  • Mehrfachsteckdosen
  • Adapter von 6,3 auf 3,5 mm Klinge (große und kleine Kopfhörerbuchse)

Jetzt sind Sie bereit für Ihre erste Aufnahme und Mischung in Ihrem Homestudio. Das schöne ist, dass Sie je nach Bedarf einzelne Elemente verbessern können. So wird Ihr Homestudio, zum Beispiel mit einem besseren Mikrofon, stetig optimiert. Auch ein Midi-Keyboard, um Instrumente einzuspielen, findet man in den meisten Homestudios. Wenn Sie Ihr Studio im Klang noch etwas professioneller gestalten wollen, können Sie Absorber Selber Bauen und die Grundlagen des Audio-Masterings erlernen.